Erste Besiedlung
Seit ca. 12.000 v. Chr.
Mittelsteinzeit: Früheste Spuren vorgeschichtlicher Besiedlung in und um Tübingen.
Vereinzelte Artefakte auf dem Spitzberg.
Seit ca. 4000 v. Chr.
Einzelne Funde aus der Jungsteinzeit
wiederum auf dem Spitzberg. Bandkeramische
Siedlungsreste östlich des Ammerhofs.
1800 - 800 v. Chr.
Bronze- und Urnenfelderzeit. Fund eines
Randleistenbeils unterhalb des Stauwehrs im
Neckar. Brandgrab in der Südstadt östlich der
Steinlach, Funde im Geigerle und Burgholz.
800 - 5. Jh.
Aus der Hallstattzeit belegen mehrere
Grabhügelfelder Siedlungen im heutigen
Stadtgebiet: Hallstattstraße, Waldhäuser-Ost
("Römergräber"), Lustnau.
Römer und Alamannen
Um 85 n. Chr.
Errichtung des Neckarlimes. Während in
Rottenburg einer der bedeutendsten römischen
Orte entsteht, sind für Tübingen die Funde aus
Römischer Zeit recht gering. Eine Römerstraße
(Verbindung Rottenburg-Köngen) zog auf dem
linken Ammerufer durchs heutige Stadtgebiet.
6./7. Jh. n. Chr.
Wie der Ortsname durch seine Endung "ingen"
belegt, gehört Tübingen zu den alemannischen
Siedlungen, die ihren Namen von einem
Personennamen ableiten: Tuwo, Tubo, Tuo
oder Tugo. Ein alemannischer Reihengräberfriedhof befindet sich mit Grabbeigaben aus der
ersten Hälfte des 7. Jh. im Bereich der heutigen
Münzgasse Reitersiegel des Pfalzgrafen Hugo von Tübingen, auf dessen Schild
das Tübinger Wappen erkennbar ist.
7. Jh.
Christianisierung: Grabungen in einem alemannischen Friedhof des 7. Jh. in Derendingen auf
der Bernhalde brachten Goldblattkreuze als
Grabschmuck zu Tage.
Die Pfalzgrafen von Tübingen
1078
Erste schriftliche Nennung Tübingens als
König Heinrich IV. die Burg Hohentübingen
belagerte.
Um 1081/87
Die Brüder Hugo und Heinrich, sowie deren
Nachkommen nennen sich von nun an Grafen
von Tübingen nach dem Ort und der Burg
Tübingen, die im Mittelpunkt ihres Einflußbereiches lagen, der damals vom Nagoldgau
bis zur Alb und zum Donauraum reichte.
Die Entwicklung Tübingens ist für die nächsten
Jahrhunderte eng mit dem Aufstieg und
Niedergang dieser Grafenfamilie verbunden.
1146
Hugo von Tübingen wird in einer Urkunde König
Konrad III. Pfalzgraf genannt. Amt und Würde
des Pfalzgrafen (Stellvertreter des Herzogs)
unterstreichen die hervorragende Stellung der
Grafen von Tübingen in der Stauferzeit.
Um 1150
Im Kloster Reichenbach werden erstmals
Abgaben notiert, die in "Tübinger Pfennigen
gezahlt werden mußten. Von nun an mehren
sich die Belege, daß der Tübinger Pfennig im
Herrschaftsbereich der Tübinger Grafen im Umlauf war und als Verrechnungseinheit diente,
bis er Ende des 13. Jh. zunehmend vom
Heller verdrängt wurde.
1180
Ein Siegel des Pfalzgrafen Hugo zeigt als
Wappen die dreilatzige Gerichts- und Lehensfahne, die auch (rot auf goldenem Grund) zum
Wappen der Stadt Tübingen wurde. Noch heute
tragen dieses Wappen, wenngleich mit verschiedenen Farben, als Zeichen ihrer ehemaligen Zugehörigkeit zur Familie der Grafen
von Tübingen zahlreiche Städte (Herrenberg,
Böblingen, Feldkirch, Tettnang) ebenso wie das
österreichische Bundesland Vorarlberg oder
das Fürstentum Liechtenstein.
1191
Erstmals werden Tübinger Kaufleute genannt.
Beweis für das Vorhandensein eines Marktes.
1231
Tübingen wird erstmals als "civitas" (Stadt)
bezeichnet.
1280
Stadtbrand bei dem ungefähr 150 Häuser
abbrannten. Rascher Wiederaufbau. Die Stadt
erreicht etwa den Umfang, den sie bis ins
19. Jh. hatte. Zu jener Zeit dürfte auch der Bau
des für das Handwerk, Feuerlöschwesen und
die Stadtreinigung wichtigen Ammerkanals vollendet gewesen sein.
1301
Die in den vergangenen Generationen rasch
verarmenden Pfalzgrafen verpfänden
ihre namengebende Stadt an das von ihnen
gegründete Kloster Bebenhausen. Wenngleich
Pfalzgraf Gottfried schon l302 das Pfand
wieder einlöste, waren die nächsten Jahrzehnte
von neuen Verpfändungen gekennzeichnet.
1303
Erstmals verwendet die Stadt ein Siegel, das
nicht mehr den regierenden Grafen nennt,
sondern selbstbewußt lautet: Sigillum civium de
Tuwingen (Siegel der Bürger von Tübingen statt
Siegel der Bürger des Grafen von Tübingen).
1335
Die Bürger von Tübingen übernehmen 3000
Pfund Heller Schulden der Pfalzgrafen und
erhalten dafür alle Einnahmen der Stadtherren
in Tübingen für 9 Jahre; zudem das Recht den
Schultheißen selbst zu wählen. Dabei werden
erstmals auch Juden genannt, an deren Wohngebiet noch heute die Judengasse erinnert.
1342
Die Pfalzgrafen verkaufen ihre Stadt Tübingen
bzw. ihre dortigen Rechte, Nutzungen und
Einkünfte an Graf Ulrich von Württemberg.
1388
Aufzeichnung des Stadtrechts.
Um 1435
Bau des zunächst zweistöckigen Rathauses am
Markt, das vielerlei Um- und Anbauten erlebte:
1508 ein drittes Geschoß, 1511 eine astronomische Uhr, 1598 den bekrönenden Ziergiebel.
Die heutige Fassadenmalerei ist von 1876.
1470
Neubaubeginn der Stiftskirche. Bauzeit etwa
20 Jahre. Hervorragende Ausstattung: Glasfenster im Chor von Peter Hemmel von Andlau
(um 1480), Lettner, spätgotisches Chorgestühl
(um 1490) reich verzierter Taufstein (1497),
spätgotische Steinkanzel (1509), Altar des
Dürer-Schülers Hans Schäufelein (um 1520).
Gründung der Universität
1477
Gründung der Universität durch Graf Eberhard
im Bart. Das bis heute die Stadt prägende
Ereignis. Bei der Eröffnung im Herbst 1477
tragen sich etwa 300 Studenten in die Univer sitätsmatrikel ein. Zahlreiche Gelehrte von
abendländischem Rang sorgten schon in den
ersten Jahrzehnten für den "Flor" der Universi tät: Die Theologen Biel und Summenhart, die
Humanisten Vergenhans (Naukler) und
Reuchlin, der Astronom und Mathematiker
Stöffler, der Jurist Prenninger (Uranius), der
junge Magister Melanchthon.
1482 - 89
Bau einer steinernen Brücke über den Neckar.
1495
Die Grafschaft Württemberg wird vom Kaiser
zum "Unteilbaren" Herzogtum erhoben.
Tübingen ist nach Stuttgart zweite Residenz.
1498
Der erste Buchdruck in Tübingen. In der Folgezeit entwickelt sich Tübingen zur Verlagsstadt.
1514
Tübinger Vertrag. Als Gegenleistung für die vor
allem von Tübingen gewährte Unterstützung
bei der Niederschlagung eines Aufstandes im
Herzogtum ringt die württembergische
Ehrbarkeit (Städtische Oberschicht) dem
Herzog einen Vertrag ab, in dem erstmals im
Festlandeuropa Grund- und Menschenrechte
verzeichnet sind. Der Tübinger Vertrag gilt als
"magna charta" Württembergs. Auf ihn bezieht
sich noch Ludwig Uhland im 19. Jh. beim
Verfassungskampf ums "gute alte Recht".
1519
Herzog Ulrich wird vertrieben, Württemberg
kommt unter österreichische Regierung.
1534
Rückeroberung Württembergs durch den
protestantisch gesonnenen Herzog Ulrich.
Einführung der Reformation in Tübingen.
Probleme gab es vor allem mit der Universität.
Kanzler Ambrosius Widmann floh ins österreichische Rottenburg. Neue Professoren wurden berufen, darunter der berühmte Botaniker
Leonhard Fuchs, nach dem später die Fuchsie
benannt wurde.
1537
Überführung des 1496 verstorbenen Herzogs
Eberhard im Bart nach Tübingen in den Chor
der Stiftskirche, der zur Grablege der württembergischen Fürsten wird (bis 1593).
1547
Im ehemaligen Augustinerkloster wird das
herzogliche Stipendium eingerichtet. Seitdem
ist das "Evangelische Stift", Wohn- und Studienanstalt für rund 150 Theologiestudenten,
neben der Universität mitbestimmend für den
weltweiten geistesgeschichtlichen Ruf der
Stadt.
1567- 86
Wirkte Primus Truber, Reformator der
Slowenen, Begründer der slowenischen
Schriftsprache, als Pfarrer in Derendingen.
1577
Der Tübinger Universitätskanzler Jakob Andreä
einigt die zerstrittenen Lutheraner auf eine
verbindliche dogmatische "Concordienformel"
1588 - 92
Bau des Collegium illustre, einer Ritterakademie. Für Jahrzehnte die bedeutendste
Ausbildungsstätte des protestantischen Adels.
1589
Johannes Kepler beginnt sein Studium im Ev.
Stift, bleibt bis 1594 in Tübingen.
1606
Das äußere Schloßportal nähert sich seiner
Vollendung. Seit 1594 wurden die Außenanlagen verstärkt und mit Bastionen versehen.
30jähriger Krieg
1618 - 48
Im Dreißigjährigen Krieg erlitten Stadt und Universität schwere Verluste. 1634 wurde die Stadt
von kaiserlichen Truppen besetzt, das Schloß
übergeben. Die Pest forderte viele Opfer. 1638
waren die Schweden in Tübingen, danach wieder bayrische Truppen. 1647 sprengten französische Truppen den Südostturm des Schlosses.
1623
Professor Wilhelm Schickhard erfindet die
erste mechanische Rechenmaschine der Welt.
1688
Joh. Osiander rettet die Stadt vor Plünderung
und Einäscherung durch die Franzosen.
1694
Professor Rudolf Jakob Camerarius entdeckt
die Geschlechtlichkeit der Pflanzen.
1722
Der Tübinger Cotta-Verlag wird Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei. 1787 übernimmt Johann
Friedrich Cotta die Firma, er wird zum Verleger
der deutschen Klassiker.
1777
Klassizistischer Umbau der alten Aula.
1789
Großer Stadtbrand, bei dem 64 Gebäude nördl.
der Stiftskirche in Asche sanken (Neue Straße).
1790/91
Gleichzeitig studieren im Ev. Stift, im selben
Zimmer Hegel, Hölderlin und Schelling.
19. Jahrhundert
1803
Umbau der Burse zur ersten Klinik in Tübingen.
1805
Vor dem Lustnauer Tor wird ein Botanischer
Garten angelegt.
1807
Der kranke Hölderlin findet Aufnahme bei der
Familie Zimmer im "Turm", wo er l843 stirbt.
1816
Im Weilheimer Kneiple wird der "Allgemeine
Tübinger Burschenverein" konstituiert. Die
Innenpolitik Württembergs ist von nun an bis
1870 mitgeprägt von den Auseinandersetzungen zwischen der Staatsgewalt und den
studentischen Verbindungen, die die nationale_
Einigung anstrebten.
1817
Verlegung der Kath.-theol. Fakultät aus
Ellwangen nach Tübingen. Errichtung eines
Konvikts im Gebäude der ehemaligen
Ritterakademie (Wilhelmsstift).
1829-31
Abbruch der Stadttore und großer Teile der
Mauer. Der Raumbedarf der Universität und der
sich vermehrenden Bevölkerung führt von nun
an zum Ausbau der Ammer- und NeckarVorstadt. Ein sichtbares Zeichen setzt 1845 die
Einweihung der Neuen Aula.
1831
Im sogenannten "Gôgenaufstand" zogen etwa
60 Handwerksburschen und Weingärtner als
Protest gegen Polizeiwillkür durch die Stadt und
sangen das Schiller'sche Räuberlied. Ähnlich
wie im "Brotkrawall" von 1847 schlugen
studentische Sicherheitswachen den Aufstand
nieder.
1833
Ludwig Uhland legt seine Professur nieder.
1848/49
Vier Tübinger sind als Abgeordnete in der
Frankfurter Paulskirche.
1861
Tübingen erhält Anschluß ans Eisenbahnnetz.
1875
die im 19 Jh. ansteigende Einwohnerzahl
erreicht erstmals die 10.000er- Grenze
1885
Mit dem Durchbruch der Mühlstraße werden
Neckar- und Ammervorstadt direkt miteinander
verbunden.
1891
Gründung des Bürger- und Verkehrsvereins,
der seit 1898 die Tübinger Blätter herausgibt.
20. Jahrhundert
1904
Erstmals werden Studentinnen offiziell zum
Studium zugelassen.
1916
Ein Bombenangriff fordert im Bereich
Hirschgasse sieben Tote.
1933
Machtübernahme durch die Nationalsozialisten.
Gleichschaltung der Universität, Auflösung von
Verbindungen und Vereinen.
1934
Eingemeindung von Derendingen und Lustnau
1938
Die Tübinger Synagoge an der Gartenstraße,
1882 eingeweiht, wurde von SA- und SS-Männern in der Nacht vom 9. zum 10. November
zerstört. Damit erreichte die Verfolgung der
jüdischen Mitbürger ihren ersten Höhepunkt.
In den Jahren 194l und 1942 wurden die jüdischen Bürger, die nicht zwischen 1933 und
194l emigrieren konnten, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet, nur zwei überlebten. Ein Gedenkstein auf dem jüdischen
Friedhof nennt die Namen von 14 ermordeten
Juden.
1939
Tübingen hat über 30000 Einwohner.
1945
Luftangriffe fordern 36 Todesopfer. Im Zweiten
Weltkrieg waren 1219 Gefallene und 505
Vermißte zu beklagen. Tübingen wird Sitz des
französischen Generalgouverneurs. Als erste
Universität Deutschlands kann sie den Studienbetrieb zum Wintersemester wieder auf nehmen.
1947-52
Tübingen ist Hauptstadt des Landes Württemberg-Hohenzollern, Sitz der Landesregierung.
Der Landtag tagt in Bebenhausen.
1954
Erstmals sind 5000 Studenten immatrikuliert;
1962 wurde die Zahl 10 000, 1973 15 000, 1980
20 000 überschritten.
1957/60
Bebauungsplan und Erschließung "Wanne,
Morgenstelle, Herbstenhof"
1959
Städtepartnerschaft mit der Schweizer Stadt Monthey wird besiegelt.
Weitere folgen: 1960 Aix-en Provence (Frankreich), 1965 Ann Arbor (USA), 1969 Grafschaft
Durham (England), 1973 Aigle (Schweiz), 1984 Perugia (Italien), 1989 Petrosawodsk (Rußland).
1965
Tübingen wird in Anerkennung der vielseitigen und beispielhaften Aktivitäten auf dem Gebiet der internationalen Verständigung als dritte deutsche Stadt durch den Europarat mit dem Europapreis ausgezeichnet.
1968/69
Studentenunruhen
1971
Eingliederung von Bühl, Hagelloch, Hirschau, Kilchberg, Pfrondorf, Unterjesingen, Weilheim.
Tübingen zählt nun über 70.000 Einwohner. 1974 folgt die Eingliederung von Bebenhausen.
1979
Fertigstellung des Schloßbergtunnels
1981
Einladung und Besuch ehemaliger jüdischer Mitbürger in Tübingen.
|